Karezza

Karezza ist nicht etwa eine Sexualpraktik, die erst in der Neuzeit entdeckt wurde und deshalb als äußerst revolutionär gilt. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wurde diese Methode in einem Buch beschrieben. Beim Karezza geht es darum, dass sich die Partner nicht auf den Orgasmus fokussieren, denn dieser spielt überhaupt keine Rolle. Vielmehr geht es um das Erzeugen sexueller Energien und den Austausch von Zärtlichkeiten.  

Natürlich kann sich auch beim Karezza eine enorme sexuelle Erregung aufbauen, irgendwann kann man sich kaum mehr beherrschen. Die Kunst besteht aber dann darin, keine Entladung in einem Orgasmus anzustreben. Ganz im Gegenteil, diese gigantischen Energien sollen dann zwischen beiden Partnern hin und her strömen. 

Im Prinzip handelt es sich somit um eine Vereinigung auf energetischer Ebene. In erster Linie bietet sich diese Sexualpraktik für Paare an, die bereits viele Jahre zusammen sind. Oftmals entfernt man sich emotional und körperlich etwas voneinander und kann sich auf diese Art und Weise wieder ganz neu kennenlernen. Es entsteht keinerlei Druck, so dass beide sich fallen und treiben lassen können.

Karezza hat nicht unbedingt etwas mit Blümchensex zu tun, auch wenn einige das sicher im ersten Augenblick annehmen. Allerdings steht das ausgiebige Kuscheln und Schmusen schon im Vordergrund. In erster Linie soll diese Sexvariante sehr entspannend und angenehm sein, ohne irgendwelchen Druck zu erzeugen. Deshalb sucht Euch einen Ort, an dem Ihr garantiert ungestört seid.  

Außerdem solltet Ihr jede Menge Zeit einplanen, denn für einen Quickie zwischen Tür und Angel ist Karezza definitiv nicht geeignet. Ideal sind Sexstellungen, die für Euch sehr bequem sind, so dass die Körper nicht verkrampfen oder Ihr Euch irgendwie verrenken müsst. Sehr empfehlenswert sind deshalb die Reiterstellung und die besonders innige Lotusstellung. Stellt Euch diese Sexualpraktik eher wie eine Entspannungsmethode, ähnlich dem Yoga, vor. Der Schwerpunkt beim Karezza liegt auf Streicheln, Küssen und Umarmen.  

Zunächst liegt Ihr nebeneinander und schaut Euch dabei tief in die Augen, um ein Gefühl der Nähe und Vertrautheit aufzubauen. Vertrauen ist übrigens eine ganz wichtige Grundvoraussetzung für Karezza. Nur wenn Eure Beziehung auf tiefem Vertrauen basiert, könnt Ihr Euch dermaßen aufeinander einlassen und vom Karezza profitieren. Dann lasst Ihr Eure Hände über den Körper des Partners oder der Partnerin wandern und haltet an den erogenen Zonen etwas inne. 

Ihr müsst dabei nicht unbedingt miteinander reden, Blicke und Berührungen können oftmals so viel mehr ausdrücken. Selbstverständlich dürft Ihr auch Geschlechtsverkehr haben, doch kurz vor dem Anrollen des Orgasmus solltet Ihr immer wieder abbrechen. Nachdem die Erregung etwas abgeflaut ist, könnt Ihr wieder mit den Streicheleinheiten beginnen.

Karezza wird Euch nur etwas bringen, wenn Ihr tatsächlich liebevoll miteinander umgeht, und das nicht nur im Bett. Hier steht die jeweils andere Person im Mittelpunkt und nicht die sexuelle Befriedigung. Egoismus und die eigene Lust sind hier vollkommen fehl am Platz, denn bei dieser Form des Liebesaktes zeigt Ihr Interesse an Eurem Gegenüber. Nur dann könnt Ihr Karezza so richtig genießen und es ganz intensiv erleben. Ihr nehmt Euch ganz bewusst wahr und bringt etwas Entschleunigung und Achtsamkeit in den sexuellen Alltag.  

Eigentlich kann Karezza auch als liebevolles Liebemachen bezeichnet werden. Er kommt Euch gerade dann zugute, wenn eine:r von Euch mit Schwierigkeiten beim Orgasmus zu kämpfen hat. Auf diese Weise wird der Druck komplett rausgenommen, so dass wieder ein entspannter Umgang mit Sexualität möglich wird. Beim Karezza geht es nicht nur um die körperliche Komponente, hier fließt auch das geistige Erleben deutlich mit ein. Dadurch bekundet Ihr Eure Liebe und widmet Euch nicht nur der körperlichen Vereinigung. Wahrscheinlich entdeckt Ihr durch Karezza noch die ein oder andere unbekannte erogene Zone des anderen.

Karezza ist keine Triebbefriedigung, hier geht es um tiefe Gefühle und viel Intimität. Es stellt oft eine willkommene Abwechslung zum Orgasmus-fixierten Sex dar und kann Euer Miteinander mit Achtsamkeit und entspannender Erotik bereichern.