Nymphomanie – das Phänomen der sexuell unersättlichen Frau
Es klingt nach dem Traum des heterosexuellen Mannes: eine sexuell unersättliche Frau wie Blanche aus Golden Girls, Samantha aus Sex and the City oder Joe aus Lars von Triers Nymph()maniac. Die Welt dreht sich aber nicht um heterosexuelle Männer. Denn egal, ob das der Traum eines Mannes ist oder nicht – Frauen, die sich als nymphoman verstehen, haben keinen Sex für irgendwelche Männer. Sie haben Sex aus einem inneren Drang heraus, der manchmal mit Leidensdruck verbunden sein kann, was die eigene sexuelle Lust oder das sexuelle Verhalten angeht.
Der Ursprung des Begriffs Nymphomanie
Der Begriff nymphoman geht zurück auf die Nymphen aus den antiken griechischen Sagen. Nymphen waren weibliche Naturgeister oder sterbliche Göttinnen niederen Ranges, die viel herumwanderten oder tanzten. Irgendwann scheint aus dem Herumwandern ein Herumkommen geworden zu sein.
Als Nymphomanin wird eine Frau mit sehr starker Lust auf Sex bezeichnet. Quasi sexsüchtig. Das männliche Pendant ist der Don Juan beziehungsweise als Phänomen der so genannte Don-Juanismus, zurückgehend auf den südeuropäischen Frauenhelden schlechthin oder die so genannte Satyriasis. Satyre waren in den griechischen Sagen Wesen mit menschlichem Oberkörper und z. B. dem Unterleib eines (Ziegen-)Bocks. Sie tranken und tanzten gerne – und hatten gerne viel Sex.
Wenn Nymphomanie unproblematisch ist
Als Gesellschaft sprechen wir Frauen sexuelle Lust ab oder wir bestrafen sie quasi dafür. Eine Frau, die mit 50 Männern Sex hatte wird als „Flittchen“ beschimpft, während der Mann mit den 50 Sexualpartnerinnen der Hengst ist. Ich möchte aber allen Menschen gratulieren, die wissen, was sie beim Sex möchten, ihre Bedürfnisse kommunizieren und befriedigen (lassen).
Solange diese Menschen verhüten, legal bleiben und ehrlich sowie respektvoll sind, ist das eine ideale Ausgangssituation für ein zufriedenes Sexualleben. All das geht aber damit einher, dass wir die Kontrolle über unser Sexualleben haben. In wenigen Fällen kann uns aber die Kontrolle abhanden kommen.
Ab wann „Nymphomanie“ problematisch wird
Die Diagnosen „Sexsucht“ oder „Nymphomanie“ als solche gibt es nicht. Fachlich müssen wir entweder von einem gesteigerten sexuellen Verlangen sprechen oder – zukünftig geltend – von einer „zwanghaften sexuellen Verhaltensstörung“. Der neue Begriff zeigt, dass die Wissenschaft ein „zu viel“ an Sex nicht als Sucht einstuft, sondern als starken Impuls, dem man sich nicht widersetzen kann.
Betroffene haben den Eindruck, dass sie ihrem Impuls nach Sex nachgeben müssen und das kann soweit führen, dass sie während der Arbeit stündlich auf die Toilette gehen um sich selbst zu befriedigen oder Verabredungen mit Freund:innen absagen, damit sie nach Hause gehen und sich selbst befriedigen können. Wir können übrigens nicht sagen, ab wie viel Mal Sex oder Selbstbefriedigung pro Tag oder pro Woche es problematisch wird. Teilweise wollen wir das auch gar nicht, denn die Lust ist unterschiedlich. Sie kann auch von äußeren Faktoren abhängig sein.
Wenn die Häufigkeit von Sex für Betroffene ein Problem ist, dann ist der zentrale Kern der Diagnose, ob die Person darunter leidet und/oder ob es ihr Sozialleben beeinträchtigt. Das wären die Beispiele von oben: Wenn jemand nicht nur in der Freizeit, sondern auch auf der Arbeit den Eindruck hat, sich selbst befriedigen zu müssen, da er oder sie sich ansonsten nicht mehr konzentrieren kann, Geburtstage vorzeitig verlässt um den sexuellen Druck abbauen zu können, dann liegt eine Beeinträchtigung vor. Eine Psychotherapie kann hier helfen. Wenn eine Frau aber mehr Lust auf Sex hat als ihre Freundinnen und ihr Leben aber sonst gut hinbekommt, dann liegt vermutlich keine Beeinträchtigung vor. Und dann hat auch keine Gesellschaft dieser Welt das Recht, ihr etwas anderes einreden zu wollen.