Single Shaming erklärt

Single Shaming bezeichnet eine Art von Ausgrenzung oder Abwertung, die Menschen allein aufgrund ihres Beziehungsstatus erfahren. Hierbei wird das Single-Dasein oft unbewusst als „Makel“ dargestellt – zum Beispiel, wenn Freund:innen oder die Familie ständig nach dem „nächsten großen Fang“ fragen oder subtil andeuten, dass „jemand wie Du doch sicher nicht lange allein bleibt“. 

Hinter solchen Aussagen steckt die Annahme, dass ein erfülltes Leben nur mit Partner:in wirklich möglich ist. Single Shaming kann sich ganz unterschiedlich zeigen, vom vermeintlich netten Kommentar über die fehlende Einladung zu Paar-Events bis hin zum unterschwelligen Druck, doch endlich „ankommen“ zu müssen. Dabei kann das unfreiwillige „Mitleid“ oder die ständige Frage nach dem Liebesleben ziemlich nerven – vor allem, wenn man eigentlich sehr zufrieden mit dem Alleinsein ist.

Doch warum kommt es immer wieder zum Single Shaming? Dahinter steckt die tiefverwurzelte Annahme, dass nur das Leben mit einer festen Partnerperson wirklich erstrebenswert ist. Schließlich müsste man doch früher oder später ans Sesshaft werden und die Familiengründung denken, oder? Ganz im Sinne der Geschlechterklischees werden gerade Frauen immer wieder damit konfrontiert, dass ihre biologische Uhr nun mal ticke und sie sich nun mal beeilen müssten, wenn sie noch eine Schwangerschaft erleben wollen.

Doch Newsflash: Nicht jede Frau möchte Mutter werden. Andere wollen es, können aber aus gesundheitlichen Gründen nicht schwanger werden. Nach der Kinderplanung zu fragen kann daher genauso übergriffig und verletzend sein, wie den Beziehungsstatus zu kommentieren. 

Beim Single Shaming wird zudem gerne vergessen, dass auch Beziehungen kein Garant fürs Glücklich-Sein sind. Gerade in Langzeitbeziehungen fällt viel Beziehungsarbeit an, Konflikte häufen sich und Entscheidungen können nicht mehr selbstbestimmt getroffen werden, sondern immer nur in Absprache miteinander. Immer mehr Menschen entscheiden sich deshalb ganz gezielt gegen ein klassisches Beziehungsmodell. 

Während alternative Beziehungsformen wie offene Beziehungen oder polyamore Beziehungen langsam immer mehr Sichtbarkeit bekommen, ist das Single-Dasein für viele immer noch eher eine Art ungewollter Übergang zwischen zwei Beziehungen. Doch was, wenn sich jemand ganz gezielt für ein Single Leben entscheidet? Oft gibt es hierzu im Alltag distanzlose Nachfragen, die nicht gerade vor empathischem Verständnis strotzen. Wie reagiert man nun auf solche Single Shaming Phrasen?

Wenn Du das Gefühl hast, dass Dich jemand abwertet, nur weil Du Single bist, gibt es verschiedene Möglichkeiten hierauf zu reagieren. Oft hilft es erst einmal zu überlegen, mit welcher Absicht andere Deinen Beziehungsstatus kommentieren. Passiert es wirklich aus Überheblichkeit oder spricht eigentlich Fürsorge aus der anderen Person, die Sorge hat, dass Du nicht genug zwischenmenschliche Zuneigung erfährst? Single Shaming muss nicht immer aus bösen Absichten passieren – auch wenn es dennoch oft verletzend ist.

Aber auch wenn jemand mit guten Absichten fragt, musst Du natürlich nicht alles hinnehmen. Setze Grenzen und stehe für Dich ein. Du könntest beispielsweise sagen: „Durch das ständige Nachfragen zu meinem Single Dasein fühle ich mich unwohl. Könntet Ihr hierzu bitte keine Kommentare mehr machen?“. Menschen, denen Du am Herzen liegst, sollten Deine Grenze respektieren. 

Du kannst den Spieß auch umdrehen und fragen: „Warum ist es Dir so wichtig, etwas über meinen Beziehungsstatus zu erfahren?“. Hiermit bringst Du Dein Gegenüber möglicherweise zum Reflektieren und die andere Person könnte erkennt, dass es wichtiger Gesprächsthemen gibt, als Dein Leben als Single. Oft spricht auch die eigene Unsicherheit aus den anderen. Du könntest daher auch Fragen: „Würde es Dir Angst machen, Single zu sein?“ oder „Hast Du das Gefühl, dass Du Dein Leben ohne Deine Beziehungsperson nicht meistern könntest?“.

Bei besonders uneinsichtigen Single Shamern hilft leider oft nur eins: Das Thema wechseln. Das sollte eigentlich nicht Deine Aufgabe sein, ist oft aber eine hilfreiche Strategie. Wenn Dich jemand fragt: „Na was macht die Liebe?“, könntest Du erwidern „Nichts Spannendes. Aber auf der Arbeit habe ich dieses tolle neue Projekt, von dem ich Dir gerne erzählen würde!“. Schon lenkst Du das Gespräch auf andere Themen und weg von Deinem Beziehungsstatus.

Single Shaming stellt das Leben als Single so dar, als wäre es etwas Schlechtes oder gar Defizitäres. Doch Single sein kann auch eine wunderbare und bereichernde Erfahrung sein. Denn wenn Du Single bist, kannst Du ganz nach Lust und Laune Deine eigenen Bedürfnisse priorisieren, ohne Rücksicht auf die Empfindungen Deiner Beziehungsperson nehmen zu müssen. 

Single-Phasen sind oft auch Phasen der Selbstverwirklichung und -entfaltung. Wir entdecken, wer wir selbst sind, ohne dass wir uns über unsere Beziehungsstatus definieren. Es bleibt mehr Zeit, um Hobbys auszuleben und Deep Talk mit Freund:innen zu führen. 

Und lasst uns nicht vergessen, dass es auch Menschen gibt, die einfach nie eine romantische Beziehung führen wollen. Aromantische Menschen entwickeln kaum oder keine romantische Gefühle für andere und planen ihren Lebensentwurf daher auch ohne eine feste Beziehung. Der Unterschied zu Asexualität liegt übrigens darin, dass asexuelle Menschen keine Libido verspüren, aber durchaus romantische Gefühle empfinden und auch feste Liebesbeziehungen eingehen möchten.

Fazit: Single Shaming ist sowas von 20. Jahrhundert!

Letztendlich ist es auch egal aus welchen Gründen sich jemand für ein Leben ohne Beziehung entscheidet. Manchmal ist es ja auch gar keine bewusste Entscheidung sondern eben nur ein vorübergehender Zustand, der aber auch von anderen Menschen respektiert werden sollte. 

Die Vorstellung, dass man nur in einer Beziehung oder in einer Ehe auf Dauer glücklich werden kann, klingt auf jeden Fall nach verstaubter 20. Jahrhundert Idealisierung. Mit einer modernen Vorstellung von Beziehungsführung hat das herzlich wenig zu tun. Lasst uns anfangen, Menschen unabhängig von ihrem Beziehungsstatus wahrzunehmen und zu respektieren – ganz egal ob sie monogam, polyamor oder eben Single sind!